Nichts Geringeres als eine neue Welt-Internet-Ordnung stand zur Debatte. Über 1500 Experten von Regierungen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft kamen nach Athen, um sich über Sicherheit, Vielfalt und Zugangsversorgung im Netz auszutauschen. Konkrete Entscheidungen wurden allerdings nicht getroffen und auch nicht erwartet.
Zunächst einmal ging es darum, dass alle zusammenkamen und laut über eine künftige Netzregulierung nachdachten. Prominenter Gast: Der US-Amerikaner Vinton Cerf, der als Vater des Internets bezeichnet wird. Seiner Ansicht nach müsste im Internet einiges geregelt werden: Rechtsmissbrauch, Cyber-Kriminalität, Spam-Mails, Belästigung, sowie das Urheber- und Persönlichkeitsrecht. "Wir müssen alle diese Probleme angehen, und zu diesem Zweck brauchen wir eine staatsübergreifende Zusammenarbeit oder sogar neue internationale Verträge. Zum Beispiel einen rechtlichen Rahmen, der die Gültigkeit der digitalen Unterschrift behandelt" sagte Cerf.
Cerf ist Mathematiker, Informatiker und Leiter der US-Behörde ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers), die immer noch die Aufsicht über das weltweite Netz innehat. In Amerika ist Cerf eine Kultfigur der digitalen Welt. In Europa wird die amerikanische Dominanz allerdings mit Skepsis beobachtet. Nimmt Cerf die Meinungsunterschiede zwischen Europa und Amerika wahr? Im Moment nicht, meint er. "Vor einiger Zeit waren die Europäer richtig nervös, würde ich sagen. Zum Beispiel wegen der Sonderbeziehung zwischen ICANN und der US-Regierung, schließlich wurde unsere Behörde von der Regierung gegründet" erklärt Cerf. Allerdings gelte seit September ein neues Gesetz und dadurch werde ICANN vom US- Handelsministerium deutlich distanziert.
Der Trend geht hin zu mehr Sicherheit im Netz. Russland und Brasilien fordern sogar eine internationale Netzverwaltung. Die Wirtschaft kümmert sich eher um den Schutz des Urheberrechts. Ob die Welt tatsächlich eine strengere Internet-Aufsicht braucht, blieb auch in Athen höchst umstritten. Schließlich sei das Netz gerade deswegen so faszinierend, weil es keine Grenzen kenne, glauben viele Experten.
Mary Wong, Professorin für Privatrecht am Franklin Pierce Law Center im US- amerikanischen New Hampshire, plädiert für eine Güterabwägung. "Wenn wir über das Internet sprechen, dann dürfen wir eins nicht vergessen: Es gibt keine absolute Freiheit und auch kein absolztes Recht, es geht nur darum, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen beiden zu finden" erklärt Wong und hat auch ein Beispiel parat: "Wie oft darf man einen Inhalt kopieren? Es ist doch ein großer Unterschied, ob ich einen direkten Link auf einen Song für alle Internet-User setze oder nur einen Online-Zeitungsartikel für meine eigene Recherche kopiere".
Das Internet Government Forum wurde auf dem Weltgipfel der Informationagesellschaft 2005 in Tunis gegründet und soll als globales Diskussionsforum die Zukunft des Internets mitgestalten. Wenn es nach den Vereinten Nationen ginge, würde es jährlich stattfinden. Dass dort rechtlich bindende Regelungen verabschiedet werden ist allerdings unwahrscheinlich, denn dabei würden die USA wohl nicht mitmachen.